Stadt Sassenberg-Satdtplanung

Flächennutzungsplan - 55. Änderung

Mit der 20. Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) aus dem Jahr 2000 hat die Stadt Sassenberg von der in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Windenergienutzung im Stadtgebiet räumlich mit zwei Konzentrationszonen zu steuern. Die damals dargestellten Zonen wurden in Anlehnung an Windeignungsbereiche entwickelt, die im damaligen Gebietsentwicklungsplan dargestellt worden sind (WAF 03 und 04). Gemäß der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sollte diese positive Darstellung zur Ordnung der Windenergienutzung verbunden sein mit einer Ausschlusswirkung für privilegierte Windkraftvorhaben außerhalb diese Konzentrationszone. Mit der 28. Änderung wurde später noch eine Höhenbegrenzung von 150 Metern (Gesamthöhe) eingeführt. Eine Anpassung an den zurzeit gültigen Sachlichen Teilplan „Energie“ im Regionalplan Münsterland, der nunmehr drei Windeignungsbereiche im Stadtgebiet vorsieht, erfolgte bis heute nicht.

Mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.10.2020 (Az. 4 CN 2/19, Revisionsentscheidung zu einem Musterfall des OVG NRW vom 06.12.2017, Az. 7 D 100/15.NE) wurden im Nachhinein die Anforderungen an die Bekanntmachung derartiger Planungen unter dem Aspekt, dass dem Bürger insbesondere die Ausschlusswirkung nachdrücklich und nachvollziehbar vor Augen geführt werden müsse, neu definiert. Die Bekanntmachung der 20. Änderung des FNP der Stadt Sassenberg erfüllt diese Anforderungen nicht. Da lediglich die Konzentrationszone im Rahmen der Bekanntmachungsunterlagen veröffentlich wurde, ist den Bürgern die wesentliche Rechtswirkung der 20. FNP-Änderung, nämlich die Einschränkung der Privilegierung außerhalb der Konzentrationszone, nicht deutlich gemacht worden. Damit konnte auch die in § 215 vorgesehene Rügefrist nicht in Gang gesetzt werden. Dieser formelle Fehler gilt daher als sogenannter „Ewigkeitsmangel“.

Faktisch bedeutet dies, dass zwar die Konzentrationszonen (theoretisch einschließlich der damit verbundenen Höhenbegrenzung auf 150 Meter, was durch die Rechtsprechung allerdings aus anderen Gründen vereint wird, vgl. VG Münster, Urteil vom 02.04.2020, Az. 10 K 4573/17) wirksam sind, nicht jedoch die ursprünglich damit intendierte Ausschlusswirkung. Da die Konzentrationszonen-Darstellung der 20. Änderung darüber hinaus deutlich von den Vorgaben des gültigen Sachlichen Teilplan „Energie“ im Regionalplan Münsterland abweicht (dieser enthält drei Zonen) ist allerdings anzunehmen, dass die Planung insgesamt unwirksam ist.

Eine „einfache“ Heilungsmöglichkeit durch eine Neubekanntmachung scheidet aufgrund zahlreicher materieller Mängel der damaligen Planung aus. Diese Mängel wurden im Laufe der Jahre durch die Rechtsprechung in vielen vergleichbaren Planungen herausgearbeitet. Im Übrigen hat sich die bundesrechtliche Lage durch das „Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ vom 20.07.2022 vollständig verändert. Gemäß dem dort neu formulierten § 249 Abs. 1 BauGB entfällt die Steuerungsmöglichkeit des § 35 Abs. 3 Satz 3 für Windenergieanlagen vollständig. In § 245e BauGB vorgesehene Übergangsregelungen würden zum einen voraussetzen, dass eine neue Steuerungsplanung bis zum 01.02.2024 wirksam geworden wäre, zum anderen würden diese dann auch nur längstens bis zum 31.12.2027 Bestand haben.

Es muss konstatiert werden, dass die durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Städten an die Hand gegebene Steuerungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des OVG und des BVerwG ohnehin zu keiner wirklichen Steuerung mehr geführt hat und nunmehr durch den Bundesgesetzgeber auch abgeschafft worden ist.

Schließlich muss auch akzeptiert werden, dass der Stellenwert der regenerativen Energien vor dem Hintergrund der Klimaschutzbestrebungen und der Umstellung der zentralen Energieversorgung mit fossilien Energieträgern oder Atomkraft auf dezentrale regenerative Energiequellen national wie international deutlich zugenommen hat. Der technische Fortschritt in der Entwicklung möglichst effizienter Windkraftanlagen hat dazu geführt, dass die Errichtung dieser Anlagen auch im Binnenland wirtschaftlich ist und eine beachtliche Mengen regenerativen Strom erzeugt werden kann, dem ein ständig steigender Bedarf aufgrund der grundlegend veränderten Versorgungsstrukturen gegenübersteht.

Es ist daher das Ziel des Rates der Stadt Sassenberg, die 20. Änderung des FNP sowie die darauf aufbauende 28. Änderung (Höhenbegrenzung) ersatzlos aufzuheben. Hinsichtlich der ohnehin nicht mehr wirksamen Ausschlusswirkung handelt es sich um eine klarstellende Aufhebung.


Ansprechperson

  • Frau Sarah Matthes, Telefon: 02583/309-2010, E-Mail: matthes@sassenberg.de
  • Frau Nicole Rylka, Telefon: 02583/309-2030, E-Mail: rylka@sassenberg.de

Verfahrensschritte

  • 18.11.2021, Aufstellungsbeschluss gem. § 2 (1) BauGB
  • 27.06.2022 - 18.07.2022, Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 (1) BauGB
  • 10.11.2022 - 15.12.2022, Frühzeitige Beteiligung der Behörden gem. § 4 (1) BauGB
  • 13.04.2023 - 13.05.2023, Öffentliche Auslegung gem. § 3 (2) und § 4 (2) BauGB
  • 15.06.2023, Feststellungsbeschluss
  • 22.08.2023, Genehmigung durch die Bezirksregierung gem. § 6 (4) BauGB
  • 29.09.2023, Wirksamkeit gem. § 6 (5) BauGB

Anhänge

frühzeitige Beteiligung

Offenlage